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Das Mittelalter



1.Das Mittelalter

1.1 Einleitung / Die Fränkischen Reiter
1.2 Ausrüstung
1.3 Aushebung und Unterhalt
1.4 Elitetruppen des Mittelalters
1.5 Auswirkungen
1.6 Der Niedergang

2.Waffen

2.1 Die Hellebarde
2.2 Der Morgenstern
2.3 das Schwert
2.4 Die Streitaxt
2.5 Der Zweihänder
2.6 Der Bogen
2.7 Die Armbrust
2.8 Die Rüstung


1.1 Einleitung

Der Begriff Mittelalter bezeichnet in der europäischen Geschichte die Epoche zwischen Antike und Neuzeit (6. bis 15. Jahrhundert). Sowohl der exakte Beginn als auch das Ende des Mittelalters sind Gegenstand von wissenschaftlichen Diskussionen und werden recht unterschiedlich angesetzt. Der Beginn und das Ende des Mittelalters waren eng verbunden mit dem Aufstieg und Niedergang des Rittertums.


Die Germanen hatten während der Völkerwanderungszeit ihre Reiche größtenteils noch zu Fuß erobert. Im 6. Jahrhundert setzte aber im Süden ein neuer gefährlicher Feind über die Meerenge von Gibraltar nach Europa über. Arabische Nomadenstämme und Berber hatten im Zuge ihrer Expansion neben Persien, Syrien, Ägypten, Nordafrika bald auch das westgotische Spanien überrannt und dem neuen Islamischen Großreich einverleibt (Al Andalus). Die Invasoren begannen bald auch die Pyrenäen zu überschreiten und in Aquitanien einzufallen. Der mächtigste Herrscher Westeuropas, der fränkische Hausmeier Karl Martell, erkannte die zunehmende Bedrohung seines Reiches. Um den schnellen, meist mit Reflexbögen bewaffneten arabischen Reitern entgegentreten zu können, stellte er nach römischen Vorbild (Kataphrakten) eine gepanzerte Reitertruppe auf. Mit ihrer Hilfe konnten die Franken die Araber und ihre Verbündeten wirksam abwehren (732 n. Chr. Schlacht von Tours und Poitiers).

     Karolingische Reiterei ca.800 n.Chr.

Karolingische Reiterei

Die Ausdehnung, die das Reich zur Blütezeit der Karolinger erreicht hatte, begrenzte den Einsatz der den fränkischen Kaisern unmittelbar zur Verfügung stehenden Infanterie. So konnte ein Krieger mit Gepäck und Rüstung am Tag unter optimalen Bedingungen etwa 20 km marschieren, ein Reiter hingegen konnte in der gleichen Zeit etwa 50 km, in Extremfällen mit Pferdewechsel bis zu 80 km zurücklegen. Die markanteste Komponente an diesen Reitern war ihre metallene Rüstung und ihre gewaltige Durchschlagskraft beim Ansturm in enger Schlachtordnung (Niederreiten der gegnerischen Truppen). Dies machten sie jeder Infanterieformation überlegen. Die Kavalleristen dienten ab dem 8. Jahrhundert auch als „schnelle Eingreiftruppe“ gegen die zunehmenden Überfälle der Wikinger auf die nördlichen Küsten des Frankenreiches.

Die fränkischen Panzerreiter gelten als der Ursprung des Rittertums.

1.2. Ausrüstung

Unter seinem Kettenhemd oder Schuppenpanzer trug der Reiter einen Lederwams. Hinzu kamen ein Spangenhelm, Beinschienen, ein Holzschild, eine Flügellanze und das fränkische Langschwert, das Spatha. Im Gegensatz zum späteren mittelalterlichen Ritter, der seine Lanze beim Ansturm unter den Arm klemmte und so zusammen mit dem Pferd eine Einheit bildete, wurde die Lanze entweder über dem Kopf oder am langen Arm geführt. Die größte Errungenschaft war jedoch der Sattel mit den Steigbügeln, die letzteren kamen vermutlich um 600 n. Chr. über die Awaren nach Europa und erlaubten dem Reiter freihändig aber doch fest im Sattel zu sitzen und so weitgehend unbehindert - auch im vollen Galopp - Schild und Lanze/Schwert oder Bogen im Kampf sicher führen zu können.

Die Panzerreiter verbreiteten aufgrund ihres Erscheinungsbildes offenbar großen Schrecken unter ihren Zeitgenossen. Notker Balbulus schildert in der Gesta Karoli eindrucksvoll das Eintreffen Karls des Großen während des Langobardenkrieges vor Pavia: „ König Desiderius nebst der zu ihm geflohene fränkische dux Autchar beobachteten von einen hohen Turme aus die Ankunft des riesigen fränkischen Heeres. Sie sahen den Troß, das Aufgebot der Völker, die Palastgarde, Bischöfe und Äbte. Schließlich erschien der „eiserne Karl“ selbst, mit Panzer, Beinschienen, Lanze und Schwert. Das Eisen füllte die ganze Ebene aus und warf den Glanz der Sonne zurück. Überall sah man Eisen, und wegen dieses Eisens erzitterten die Mauern und der Mut der Jungen, selbst der Rat der Alten verging vor all diesem Eisen.“

Hier hat Notker wohl eine stark übertriebene, im Kern aber sicher authentische Beschreibung von Karls Heerbann überliefert.

Von links nach rechts:

Französischer Ritter ca. 800 - 1150. Die ersten Ritter waren fast wie Wikinger gekleidet und mit Lanzen Schwertern und Schilden ausgerüstet. Das leichte Kettenhemd reichte oft nur bis zu den Knien. Französischer Ritter ca. 1150 - 1260. Englische Langbogenschützen prägten immer mehr die Rüstungen ihrer Gegner. Der Kettenpanzer bedeckte nun den ganzen Körper. Darunter wurden oft zur Dämpfung von Hieben Ein Lederkleid oder Lagen von Leinen mit Wollkern getragen. Der massive Topfhelm schützte vor Pfeilen und schweren Hieben. Europäischer Ritter ca. 1260 – 1380. Die ersten Plattenpanzer bedeckten Hände, Gesicht und Brust. Der Schild verlor immer mehr an Bedeutung, da er (wie die Rüstung) gegen die oft aus allen Richtungen kommenden Pfeile kaum noch Schutz bot. Deutscher Ritter um ca. 1380 – 1480. Die Perfektionierte Rüstung bestand aus bis zu 170 Platten und bedeckte den ganzen Körper. Sie bot nur noch begrenzten Schutz gegen Feuerwaffen.

1.3. Aushebung und Unterhalt

Die fränkischen Aufgebote versammelten sich jedes Jahr im Frühjahr zur Heerschau, "Märzfeld" genannt. König Pippin verlegte diesen Termin im Jahr 755 n. Chr. allerdings in den Monat Mai, da das Heer zunehmend zu einer Reiterarmee wurde. Der Grund hierfür war, dass es im März noch zu wenig Futter für die Pferde gab. Der neu angeworbene Reiter musste zuerst eine hochspezialisierte Ausbildung im Reiten und im Umgang mit seinen Waffen durchlaufen. Danach war auch weiterhin ständiges Trainieren nötig, um nicht aus der Übung zu kommen.

Den Vorteilen dieser Truppe im Kampf standen jedoch die für damalige Verhältnisse enormen Kosten für Ausstattung und Unterhalt eines gepanzerten Reiters gegenüber. In der Lex Ribuaria wird die komplette Ausstattung bestehend aus Helm, Brünne (Brustpanzer), Schwert mit Scheide, Lanze, Schild, Hose und Pferd mit 50 Solidi in Gold aufgelistet. Ein hierfür taugliches Pferd allein kostete an die 12 Solidi. Die Kosten für die Brünne machte den Preis für vier Zugochsen oder sechs Kühen aus (ungefähr 12 Schillinge). Dennoch musste der fränkische Krieger persönlich für seine Ausrüstung aufkommen. Deswegen konnten meist auch nur Freie und Adlige in dieser Waffengattung dienen.


Die hohen Aufwendungen veranlassten Karl den Großen am Anfang des 9. Jahrhunderts zu einer Heeresreform. In den Kapitularien von 807/808 wurde angeordnet noch mehr Krieger als bisher als gepanzerte Reiter einzusetzen. So wurde bestimmt, dass jeder Freie mit 4 oder mehr Hufen Land an den Kriegszügen teilnehmen musste. Bauern mit weniger als 4 Hufen mussten sich mit anderen Freien zu Gestallungsverbänden von 4 Hufen zusammenschließen. Diese sollten dann einen der ihren auswählen und als Reiterkrieger ausrüsten und während seiner Abwesenheit auch dessen Hof bewirtschaften. Weiters befahl Karl, dass Freie mit 12 oder mehr Hufen Land zusätzlich mit einer Brünne in die Schlacht ziehen mussten. War der Panzerreiter einmal im Feld, kamen nach den Ausgaben für die Bewaffnung noch die Kosten für ein Reisepferd, einen Ochsenkarren, der die Rüstung und Waffen zu transportieren hatte, sowie für Knechte, Proviant etc. hinzu. Dazu kam, dass er während dieser Zeit seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie sicherstellen musste.


1.4. Elitetruppen

Aus den Panzerreitern bildete sich bald eine Spezialtruppe heraus, die sog. Scharen, lat. „scarae“. Eingesetzt in kleinen Abteilungen dienten sie dazu schnelle Kommandounternehmen durchführen und bei Bedarf auch Befestigungen zu erstürmen. Besonders in den Sachsenkriegen spielten sie eine bedeutende Rolle. Diese Truppe geht vermutlich bis auf die Merowingerzeit zurück, ihre Angehörigen lebten entweder direkt am Königshof oder in der Umgebung der Pfalzen.

1.5.Auswirkungen

Diese Faktoren führten letztendlich zur Verbreitung des Lehnswesens, das die ökonomische Grundlage für eine weitere Aufstockung und zunehmenden Dominanz der Panzerreiterei bildete. Erst ein Krieger mit genügend bewirtschaftetem Land war in der Lage, die teure Ausrüstung zu bezahlen und genügend Zeit aufzubringen, sich beständig im Kriegshandwerk zu üben. Die Sachsen unter König Heinrich I. übernahmen später diese Art der Kriegsführung und besiegten mit entscheidender Beteiligung der Panzerreiter in der Schlacht bei Riade (15. März 933) die von Südosten bis nach Mitteldeutschland vorgedrungenen Ungarn entscheidend.


1.6. Der Niedergang

Es war nicht, wie oft fälschlich angenommen wird, die Erfindung des Schießpulvers, die das Ende der militärischen Bedeutung der Panzerreiter eingeleitet hat, sondern die Etablierung gut organisierter Fußtruppen. Die Schlacht von Kortrijk/Courtrai 1302 stellt einen diesbezüglichen Wendepunkt dar: Flandrische Fußsoldaten haben das siegessichere französische Ritterheer vernichtet und ihnen die goldenen Sporen geraubt, weshalb die Auseinandersetzung auch als Schlacht der goldenen Sporen bezeichnet wird. Bei diesem Waffengang haben allerdings noch Landschaft und Witterung die Fußkrieger begünstigt. Als eine der letzten, nach den „alten Regeln“ gefochtene „richtige Ritterschlacht“ gilt die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing 1322.

In der Schlacht am Morgarten 1315 besiegten Schweizer Bauern, durch Ausnutzung des Gebirgigen Geländes und des Überraschungseffektes ein, unter den Bedingungen einer offenen Feldschlacht, um ein vielfaches überlegenes Ritterheer.

1386 bei Sempach besiegten die Eidgenossen erneut die abgesessene österreichische Ritterelite – nach mehreren Anläufen – im Frontalangriff von einem Hügel herunter. Die Schweizer mit ihren Hellebarden und Spiessen sollten in weiterer Folge zu den erbittertsten Gegnern der Ritter werden. Im Kampf gegen Ritter zu Pferde auf freiem Feld waren sie anfangs noch unterlegen – das sollte sich jedoch schnell ändern, als sie die Piken verlängerten (Schweizer Langspieß) und ihre Taktik perfektionierten.

Bei Grandson, Murten und Nancy 1476/77 besiegten sie mit Burgund jene Macht, die als Inbegriff der damaligen Europäischen Grossmacht und des Rittertums galt. Bereits während des Hundertjährigen Krieges hatte sich die Verwundbarkeit der alten Ritterheere durch Bogenschützen und eine geschickte Taktik, die auch die Wetterverhältnisse mit einbezog, erwiesen (Azincourt, Crécy). Damit war der Kampf um die Vorherrschaft auf dem Schlachtfeld zugunsten der „modernen Infanterie“ (Pikeniere) und leichten Reiterei entschieden.


Die schwere Reiterei passte sich den im 11. bis 14.Jahrhundert aufkommenden Langbogen und Feuerwaffen durch immer noch massivere Rüstungen an, mit denen sie auch ihre Schlachtrösser schützte. Als bezahlten Söldnern (Lanzierere) kam den schweren Reitern noch im 16. Jahrhundert eine wichtige taktische Aufgabe zu. Durch die rasche Weiterentwicklung der Waffentechnik erwiesen sich die Panzerreiter aber bald als zu unbeweglich, besonders durch die aufwendigen Rosspanzer. Manchmal wurden sie von den Fußsoldaten einfach mit Haken und Spießen vom Pferd gezogen und gefangen genommen oder getötet.                   


Auch veraltete die Ausrüstung vieler ärmerer Ritter. Ein auf Maß gearbeiteter Harnisch ermöglichte eine überraschende Beweglichkeit im Kampf und durch eine hervorragende Eisen- und Stahlqualität (weiche und gehärtete verschmiedete Schichten der Panzerplatten) guten Schutz. Viele Kämpfer die sich eine solche teure Sonderanfertigung nicht leisten konnten trugen jedoch Kompositharnische, also zusammengestellte Panzerungen verschiedenster Qualität und Herkunft. Diese Rüstungen waren oft von den Vorfahren ererbt, saßen also nicht optimal und bestanden aus stark gealtertem und teilweise minderwertigem Eisen, das den neuen Anforderungen bei weitem nicht mehr genügte. Die Kavallerie der frühen Neuzeit begnügte sich darum (und aus Kostengründen) mit dem Halbharnisch (mit Arm- und Beinschutz), der später auf das Anlegen eines Kürasses (Brust- und Rückenschutz) reduziert wurde.

2. Waffen

2.1. Die Hellebarde
2.1.1 Aufbau

2.1.2 Wortherkunft
2.1.3 Geschichte und Entwicklung
2.1.4 Herstellung
2.1.5 Einsatz im Kampf


2.1.1 Aufbau

2.1. Die Hellebarde

Die Hellebarde hat eine breite („Beil“, „Barte“) und eine kurze Klinge („Spitzhaken“) und an ihrer Spitze eine Stoßklinge. Der meist 1.5 bis 2.2 Meter lange hölzerne Schaft (Halm, Helm) besaß einen rechteckigen Querschnitt oder in einigen Fällen Lederwicklungen, um einerseits beim Hieb mit dem Beil das Wegdrehen der Waffe in der Hand zu vermeiden, andererseits um nach einem missglückten Stoss die Waffe in den Händen kontrolliert um 180 Grad zu drehen und den Gegner mit dem Haken durch zurückreissen zu verletzen oder aus dem Gleichgewicht zu bringen.  Der Übergangsbereich zwischen Beil, Klinge und Schaft wurde seitlich mit Schaftfedern aus Metall verstärkt. Ausgestattet mit Stossklinge, Haken und langem Schlagblatt eignete sich die Hellebarde gleichermassen zum Stechen, Hauen und Reissen. Die erste Hellebarde (Links) aus der Zeit um 1300 bis 1350 zeigt eine der früheren Formen. Die zweite (Mitte) zeigt eine der typischen Formen zwischen 1400 und 1550. Die dritte (Datiert um 1490) zeigt mit der konvexen Beilkontur der Bartschneide eine von vielen. Sonderformen.


2.1.2 Wortherkunft

In der Sprache der deutschen historischen Waffenkunde lautet die Übersetzung für Halbarte / Helmbarten (Helm/Halm = Stange oder Schaft / und Barte = Beil oder Axt) In alten Übersetzungen der Urschweizer Form bedeutete das Wort Hellebarde hingegen “Langstieliger Gertel“  → von Gesen / Glefe.

Der Vorläufer dieser Waffe hieß im Deutschen Raum Rossschinder. Aus diesem entstanden zwei neue Waffen: Die Glefe und die Halmbarte. Der Name Halmbarte wurde, wie oben erwähnt, abgeleitet von dem germanischen Wort Halm für Stange und Barte für Beil. Daraus entstand im 13. und 14. Jahrhundert das schweizerische Wort Hellebarde. Andere unter deutschen Militärhistorikern neben Halmbarte zeitlich parallel verwendete Begriffe für die von etwa 1400 bis 1550 vor allem von Schweizern und deutschen Landsknechten als Kriegswaffen verwendeten Stangenwaffen sind, die Bezeichnungen Halbarte und Helmbarte. Der Begriff Hellebarde bezieht sich nach deutscher Definition in späterer Zeit auf die weniger massiv konstruierten, oft reich verzierten Ordonnanzwaffen u. a. der Palastgarden. Die deutsche Bezeichnung ging als Lehnwort in andere Sprachen ein: in das Französische als Hallebarde, ins Englische als Halber oder in das Italienische als Allabarda. Ab und zu entstehen deshalb unter Historikern und Geschichtsforschern des Deutschen und Schweizerischen Sprachraums in Fachgesprächen Differenzen über die Herkunft und korrekte Benennung dieser Stangenwaffe. Oft spielt hier der “Lokalpatriotismus“ eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wird doch Beispielsweise im Wikipedia Onlinelexikon die Hellebarde durch einen deutschen Autor als Halbarte und deutsche Erfindung angepriesen. Wenn man jedoch den historisch wahrscheinlichen Ursprungsort (die Alpengebiete mit dem Kernland der alten Eidgenossenschaft) und die Aufzeichnungen der Mittelalterlichen Chroniken mit den Namensgebungen zueinander in Bezug bringt, sollte der Begriff Hellebarde den ursprünglichen Benennungen am nächsten kommen. Der Begriff “Hellebarde“ ist beim Basler Dichter Konrad von Würzburg (1220-87) erstmals in deutscher Sprache belegt und die “Gesen (→Glefe) oder Hellnbartan“ wurde von Konrad Justinger im Morgarten 1315 als neuartige Waffe der Eidgenossen bezeichnet.

                                                                                                                                                                           

2.1.3 Geschichte und Entwicklung

Die Frühformen der Hellebarden entstanden im 13. Jahrhundert im Raum der alten Eidgenossenschaft aus einer Verbindung des militärisch eingesetzten Speers (Spiess), dem fränkischen Hiebmesser (dem Scramasax) und einem bäuerlichen, sichelähnlichen Werkzeug für die Arbeit auf dem Acker (Gertel). Haumesser ist hierfür unter anderem eine passende Bezeichnung. Dieses Schneidwerkzeug sieht heute noch so aus wie vor 800 Jahren. Montierte man dieses Werkzeug auf einen Schaft, hatte man eine Waffe, die im Frühmittelalter als Stangenbeil oder auch Breschenmesser bekannt war. Natürlich war diese Konstruktion nicht einfach nur ein Gartenmesser an einem langen Stecken. als um ca. 1250 eine Verbindung mit dem Speer aufkam nahm die Hellebarde langsam ihre heute bekannte Form an. Bisher kann jedoch der exakte Ursprungs- und Entwicklungsweg nicht Zweifels- und Streitfrei geklärt werden. Einige Spuren lenken die Aufmerksamkeit auch auf das Elsass, wo laut dem Chronisten Riderius die Straßburger um 1260 unter anderem auch solche oder ähnliche Waffen hergestellt hätten.


Hellebardeneisen, gefunden in der Burg Hünenberg bei Zug. Es ist wohl um das Ende des 13. Jahrhunderts zu datieren. Das Stück zählt zum ältesten Typ dieser Waffe. Ihm fehlt noch der rückseitige Spitzhaken zum niederreissen des Gegners und durchschlagen einer Panzerung. Aus diesem Grund wird auch die Holzstange (Helm) möglicherweise noch in runder Form eingesetzt worden sein. Wo diese frühen Hellebardeneisen hergestellt wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Möglicherweise gab es in Schwyz wo die Familie der Schorno als Waffenschmiede nachgewiesen sind, eine der ersten Produktionsstätten.


Anfänglich in der Form eines langgeschäfteten grossen Messers, wurde die Hellebarde nach ca. 1400 vermehrt als Hieb- und Stosswaffe eingesetzt. Im 15. und der ersten Hälfte des 16. Jh. war sie neben dem Langspiess die wichtigste, oft schlachtentscheidende Stangenwaffe. Sie wurde nun hauptsächlich in der Schweiz hergestellt und, aufgrund des grossen Bedarfs, zusätzlich aus Süddeutschland importiert. Dies führte wohl aufgrund den teilweise überlieferten hohen Produktions- und Importzahlen und der in der in süddeutschen Zeughäusern und Museen eingelagerten Exemplare im Nachhinein zu der falschen Annahme, dass es sich um eine Deutsche Erfindung handle. Nach dem 1. Villmergerkrieg  (1656) begann die Grossproduktion der so genannten Sempacher Hellebarde für Bern und Zürich. Im 18. und 19. Jh. waren die Hellebarden als Rangzeichen für Unteroffiziere, und als Gardenwaffen auch im Ausland sehr beliebt.


Die Hellebarde erreichte um ca. 1470 den Höhepunkt ihrer Effektivität. Besonders erfolgreich wurde sie im Masseneinsatz des Fußvolks durch Schweizer und Hussiten eingesetzt. Im 16. und 17. Jahrhundert war sie in der Bewaffnung deutscher Städte weit verbreitet („Nachtwächterspieß“). In dieser Zeit entwickelte sich die Schlagpartie zurück, während gleichzeitig die Spitze verlängert wurde. Diese Weiterentwicklung machte von da an eine eigene Fechttechnik für Hellebarden möglich. Seit Beginn des frühen 14. Jahrhunderts brachen Schrift- und Bildquellen nicht mehr ab, wodurch ein kontinuierlicher Entwicklungsablauf nachgezeichnet werden kann. In den Zeughausbeständen finden sich von diesem Zeitpunkt an Original-Hellebarden in größerer Stückzahl wieder.

                                                                                                                                                                             Hellebarden um 1600

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Rüstung unter anderem auch wegen des zunehmenden Einsatzes von Schusswaffen zurückgedrängt. Der Einsatz der Hellebarde als Stoßwaffe mit verlängerter Stoßklinge begann zu überwiegen, bis sie schließlich durch die Pike verdrängt wurde. Nach 1530 wurde sie sehr schnell von einer effektiven zu einer dekorativen Ordonnanzwaffe heruntergestuft. Die Hellebarden der Zeit von Elizabeth I. waren kunstvoll gearbeitet, aber zum Kampf bereits zu unhandlich und zerbrechlich. Tatsächlich trugen sie nur noch zur repräsentativen Erscheinung der Gardisten bei.  Noch heute verwendet die kleinste und älteste Armee der Welt, die Schweizergarde, die den Vatikan bewacht, Hellebarden zu repräsentativen Zwecken.


2.1.4 Herstellung

Das Beil einer Hellebarde zwischen 1450 und 1650 wurde aus acht verschiedenen Teilen zusammengeschmiedet und anschliessend verschliffen und poliert, wobei einzelne Elemente verschiedene Härtegrade aufzuweisen hatten, welche durch das Verschweissen nicht verändert werden durften. Aus klingenhartem Stahl waren die Spitze der Stossklinge und des rückwärtigen Hakens sowie die Beilschneide gefertigt. Diese drei Teile bettete der Schmied  in je ein etwas weicheres Eisen ein. War dies vollzogen, so legte man im Zentrum von beiden Seiten je ein Deckblatt aus weichem Eisen auf und verschmiedete damit alle Teile zu einer Einheit. Am Schluss wurden Unten noch die beiden Stangenfedern, ebenfalls aus weichem Eisen, angefügt. Weshalb dieser Aufwand?

Die Teile mit denen gestochen oder geschlagen wurde, mit denen man also gegnerische Harnischteile zertrümmern oder durchbohren wollte, mussten glashart sein. Hätte jedoch das Ganze Beil die gleiche Härte aufgewiesen, so wäre es beim ersten schweren Schlag zersprungen. Durch differenziertes Härten versuchte man dieser Gefahr zu begegnen. Das weiche Eisen im Zentrum des Beils übernahm durch diese Konstruktion die Funktion eines Stossdämpfers. Die Qualität der erhaltenen Originale zeigt, dass die Hellebardenschmiede keine gewöhnlichen Dorfschmiede, sondern spezialisierte Fachleute waren und sich in den meisten Fällen auf einen grossen Erfahrungsreichtum abstützen konnten. So sind mehrere Familien in unserem Land bekannt geworden, in denen das Handwerk des Hellebardenschmieds über Generationen weitergegeben wurde.


2.1.5 Einsatz im Kampf

Der Hellebardenkampf in einer Schlacht hatte nichts, aber auch gar nichts mit einem ritterlichen Zweikampf nach ehrenhaften Regeln zu tun. Es wurde mit ihr eher selten direkt zugeschlagen. Das Kämpfen mit der Hellebarde war vielmehr auf breiter Front ein ständiges Stechen und Reißen entlang den Schlachtreihen. Die dabei aus den gegnerischen Formationen zu Boden gerissenen Kämpfer wurden nacheinander erbarmungslos niedergemetzelt und hierbei entlang ihrer Extremitäten (Kopf, Arme, Beine) in Stücke gehauen (Rüstungsschwachpunkte). Siehe den Schlachtbericht von Johannes von Wintherthur am Morgarten 1315.

Der große Vorteil der Hellebarde war: Griff man den Gegner mit einem Stich an und er wehrte diesen ab, so befanden sich nun der Haken und das Beil hinter dem Gegner und so konnte von hinten nach vorne ziehend in den Hals, den Rücken, die Hüfte oder ins Bein gestochen werden. Sollte dies nicht gelingen, reichte eine starke Reißbewegung aus, um seinen Gegner aus dem Gleichgewicht, und im besten Falle zu Boden zu bringen. Die Stossklinge befand sich nun wieder vor dem Gegner und ermöglichte es nun gleich erneut zuzustossen.

Der Spitzhaken wurde außerdem auf die gleiche Art auch genutzt, um Reiter vom Pferd zu ziehen. Die Stossklinge, Das Beil und der Haken konnten dann erneut zum Zuschlagen und Stechen an den Schwachpunkten der Rüstungen (Hals, Schultern und Achseln, innerer Ansatz von den Oberschenkeln zu den Hüften) dienen.

Falsch ist hingegen der Mythos, dass die meist scharfkantigen Rückseiten der Beilklinge und des Hakens gut geeignet waren um die verletzlichen und kaum durch Rüstungsteile zu schützenden Beinsehnen der Pferde zu attackieren, und ihre Reiter so zu Fall zu bringen. Die Läufe der Pferde bestehen nun einmal nicht nur aus weichen Sehnen und Muskeln sondern auch aus harten, dicken Knochen. Bei einem entsprechenden Einhakversuch wäre dem Hellebardier seine Waffe durch die kräftigen Bewegungen des Pferdes meistens sofort aus den Händen gerissen worden. Viel einfacher war es, die Stossklinge der Hellebarde dem Pferd direkt in die Brust zu rammen oder ihm mit der Beilklinge durch einen starken Axthieb die Vorderläufe zu zerschmettern.

Die Stoßklinge konnte zudem, auf ähnliche Weise wie der Spieß, in als Phalanx geschlossenen Formationen oder auch im Einzelkampf eingesetzt werden. Der gehärtete und scharf geschliffene Spitzhaken (Schlagdorn) der Hellebarde (hinter dem Beil) wurde zum Einschlagen des gegnerischen Helms und/oder Schädels eingesetzt. →  Er wirkte, durch einen geübten Kämpfer richtig eingesetzt, panzerbrechend.

Diese Schilderung mag für den heutigen Leser ausserordentlich brutal klingen, kommt jedoch den tatsächlichen Gegebenheiten auf den Schlachtfeldern der damaligen Zeit sehr Nahe. Man darf dabei nicht vergessen, dass die kämpfenden Eidgenossen, die zumeist aus dem Bauern- und Stadtbürgerstand stammten, im Falle einer Niederlage von ihren Gegnern (erst niederer und hoher Adel später verrohte Berufssöldner) keine Gnade zu erwarten Hatten. Und wer keine Gnade zu erwarten hat, der gibt auch keine. Getuschte Federzeichnung um 1530 Wandgemälde einer Schweizerschlacht. Hans Hohlbein d. J. Schweizer in der rechten Bildhälfte, deutsche Landsknechte in der Linken. Einsatz der Schwerter (Katzbalger) nach dem Verbrauch der Spiesse und Hellebarden. Kunstmuseum Basel.


2.3. Der Morgenstern

2.3.1 Einleitung
2.3.2 Aufbau
2.3.3 Wortherkunft
2.3.4 Geschichte und Entwicklung
2.3.5 Einsatz im Kampf


2.3.1 Einleitung

Morgensterne waren primär Bauernwaffen. Sie wurden nur in den seltensten Fällen von Waffenschmieden nach Normen hergestellt. Vielmehr waren sie das Werk von Dorfschmieden, Tischlern, Zimmerleuten und selbst Bauern. Es gibt deshalb auch kaum ordonnanzmässig genormte Morgensterne, obwohl sich in Zeughausinventaren und Beständen solche Waffen nachweisen lassen.

2.3.2 Aufbau

“Wädenschweiler Brügel“ aus den Jahren 1644 – 1646. Im Inventar des VRHA.

Das Grundelement des Morgensterns bildete ein Holzschaft mit kolbenförmig verdicktem Vorderteil. Dieses konnte tonnen-, walzen-, birnen- oder kugelförmig ja sogar vier-. fünf-, oder sechskantig sein. Der eigentliche Schaft dagegen war immer rund gedreht oder geschnitzt. Ausser Eiche (weil spröde) lassen sich fast alle einheimischen Holzarten nachweisen. Am beliebtesten war jedoch Eschenholz. Im Kolbenteil waren Nägel oder vierkantige Spitzen radial eingesetzt. Obwohl primär Schlagwaffe, ist die Mehrzahl der Morgensterne mit eingesteckten Stossspitzen versehen, so dass sie auch für den Stich zu gebrauchen waren. Zu deren Sicherung und zur Verhinderung einer Aufspaltung des Kolbens besassen die meisten vorne eine Eisenzwinge


3.1.3 Wortherkunft

Warum Morgenstern? Diese Waffe ist unter verschiedenen Bezeichnungen in die Geschichte eingegangen. Am bekanntesten ist der Volkstümliche Begriff Morgenstern. Der Name ist wohl vom Strahlenkranz des Sterns wegen der am Kolben Strahlenartig abstehenden Spitzen auf die Waffe übertragen worden. Jene Historiker die an die Sterne dachten die die Getroffenen sahen wenn sie diesen Prügel auf den Helm geschlagen bekamen irrten sich dagegen bestimmt. 

2.3.4 Geschichte und Entwicklung

Niklaus Leuenberger, einer der Führer des Schweizer Bauernkrieges von 1653 mit Morgenstern

Interessanterweise zeigten die Illustratoren der zahlreichen Schweizer Bilderchroniken des 15. und 16. Jahrhunderts den Morgenstern nur ausnahmsweise und dann noch meistens auf der gegnerischen Seite. Hätte es sich damals bei diesem Schlaggerät um eine allgemein verbreitete Eidgenössische Waffe gehandelt, so hätten sie die Zeichner, welche oft mit den heutigen Kriegsberichterstattern vergleichbar waren, bestimmt ebenso häufig wie die Hellebarde oder den Langspiess abgebildet. Erst mit dem Einfall der Österreicher im Prättigau, 1622 und der folgenden Entwaffnung der Talbewohner durch die Besatzer lässt sich der Morgenstern in grösserer Zahl in unserer Gegend nachweisen. Die wehrlosen Bauern stellten damals heimlich Schlaggeräte in der beschriebenen Form her und überfielen und vertrieben damit ihre Unterdrücker. Von daher stammt der Ausdruck  “Prättigauer Knebel“.

Die nächsten Erwähnungen dieser Bauernwaffe finden sich im Zusammenhang mit dem Schweizerischen Bauernkrieg. An mehreren Orten, so im Kanton Bern, unter anderem bei Trachselwald, Konolfingen, Lenzburg 1641, und im Kanton Zürich, in Kiburg 1644 und in Wädenswil 1646, erhoben sich die Bauern wegen neuer Steuern gegen die Obrigkeit. Mit Gewalt wurden diese Unruhen niedergeschlagen. 1653 flammte der Widerstand erneut auf. Der Hauptherd der Aufstände lag im Entlebuch. Ergriff aber auch erneut auf das bernische Territorium über. Die Hauptstätte der gnädigen Herren Luzern und Bern wurden mehrere Tage belagert. Da der Grossteil der ärmeren Bauern kaum Waffen besass, sondern im Kriegsfall aus den Beständen der Zeughäuser ausgerüstet wurde, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich bei solchen Erhebungen mit behelfsmässigen Notwaffen auszurüsten. Entsprechend den Verwendungsarten finden sich deshalb die Begriffe “Entlebucherdrüssel“ und “Wädenschweiler Brügel“.

  

Folgende Beiträge sind in Vorbereitung


Quellverzeichniss:

- München Bayrisches Armee- und Nationalmuseum
- 1291 Die Geschichte / Die Anfänge der Eidgenossenschaft / Werner Meyer
- Wikipedia Onlinelexikon
- Der Waffenschmied / Vom Handwerk der Schwertschmiede Plattner und Büchsenmacher
- Schweizer Geschichte / Peter Dürrenmatt